Meine Bewegungslernphilosophie
„Wer nicht kombiniert und variiert, der stagniert.“
nach Arturo Hotz, Sportwissenschaftler
Schwimmen als Dialog zwischen Mensch und Wasser
Beim Schwimmen bilden Mensch und Wasser eine Einheit. Untrennbar gehen die Bedingungen des Wassers und die Aktionen des Menschen eine Verbindung ein. Ein Spiel aus Rhythmus, Leichtigkeit und Energie, in dem die Schwimmenden sich selbst begegnen.
Diese Verbindung kann als Dialog betrachtet werden, in dem Wasser und Mensch fortwährend Informationen austauschen: Schwimmende verändern mit ihren Aktionen das ruhende Wasser, sie geben Information an das Wasser ab. Das Wasser nimmt die Information an und reagiert entsprechend. Dies können die Schwimmenden gleichzeitig wahrnehmen, also ihrerseits Informationen aufnehmen und diese für ihre weiteren Aktionen nutzen.
Dieser Prozess, die Wechselwirkung zwischen Mensch und Wasser, bildet bei meiner Arbeit mit Schwimmerinnen und Schwimmern, Triathletinnen und Triathleten, Lehrenden und Lernenden den Kern. Es ist mein Bestreben, diesen Dialog anzuregen und jeder/
In der Fachwelt ist die Fähigkeit, das Wasser auf die „richtige“ Weise in Bewegung zu versetzen und diese Bewegungen in Relation zu den eigenen Aktionen differenziert wahrnehmen zu können, unter dem Begriff „Wasser(bewegungs-)gefühl“ bekannt.
Dieses Gespür zu entwickeln und in sämtlichen Übungs- und Trainingssituationen fortwährend zu verfeinern, ist für mich die faszinierende Herausforderung, oberstes sportpädagogisches Ziel und Grundlage dauerhafter Freude am Schwimmen.
Ich bin sicher, dass jeder Schwimmerin und jedem Schwimmer dieses Gespür zugänglich ist, wenn beim Üben und Trainieren ein methodischer Weg gewählt wird, der den dialogischen Ansatz berücksichtigt.
Weiter lesen (Literaturhinweise)
Literaturhinweise
Hotz, Arturo: »So wenig wie möglich korrigiere, so viel wie möglich variiere!« in Leistungssport 3/
Volck, Gunther /
Rudolph, Klaus: »Lexikon des Schwimmsports«, Hamburg; 2008
Sell, Göran: »Wassergefühl« in Schwimmen – Lernen und Optimieren, DSTV
Trebels, Andreas: »Das dialogische Bewegungskonzept. Eine pädagogische Auslegung von Bewegung« in Sportunterricht, 41/
Qualitatives Training
„Bewusstheit ist bei jeder sportlichen Betätigung wichtiger als intensives Training. Sportliches Training ohne Bewusstheit hat oft negative Auswirkungen, die die ständig wiederholten Bewegungen schlechte Angewohnheiten verstärken. Monotone Bewegungen verringern die Bewusstheit.“
nach Steven Sharfarman, Feldenkrais-Lehrer
Traditionell wird im Schwimmtraining weit verbreitet zwischen einem technisch-koordinativen Trainingsteil einerseits und einem konditionellen Trainingsteil andererseits unterschieden. Gerade in der einschlägigen Triathlonliteratur findet sich für das Schwimmtraining immer wieder eine Aufteilung, die in etwa so aussieht:
- Einschwimmen
- Technikübungen
- Hauptteil (konditionell orientiertes Training)
- Ausschwimmen
In den dort aufgeführten beispielhaften Trainingsplänen nimmt der Technikteil meist weniger als 20% des Trainingsumfangs ein und ist auf wenige schwimm-technische Übungen beschränkt.
Dies deckt sich mit den Antworten, die ich von fast allen Sportler*innen erhielt, die seit 2012 meine Seminare und Trainingslager besucht haben, wenn ich sie zur prozentualen Verteilung ihrer Inhalte im Schwimmtraining befragte:
- Technisch-koordinativer Trainingsanteil = 5–20%
- Konditioneller Trainingsanteil = 80–95%
In den Köpfen der Sportler*innen sind Technik und Kondition (in erster Linie Ausdauertraining) gedanklich getrennt. Diese Sichtweise ist m.E. nicht förderlich.
Dem Qualitativen Training liegt die Idee zugrunde, die Trennung zwischen technisch-koordinativem Training und konditionellem Training aufzuheben.
Der Grund dafür liegt in der Tatsache, dass keine Bewegung sowohl ohne Informationsverarbeitung und Steuerung, also durch technisch-koordinative Fähigkeiten, als auch ohne Energiebereitstellung, also durch konditionelle Fähigkeiten, realisierbar ist. Es werden grundsätzlich und unvermeidlich im Bewegungsvollzug immer koordinative Fähigkeiten und konditionelle Fähigkeiten gleichzeitig gefordert.
D.h. es werden immer für beide Fähigkeitsbereiche Trainingsreize gesetzt. Egal, ob bewusst bzw. beabsichtigt oder unbewusst bzw. unbeabsichtigt. So können sich die Trainierenden ineffiziente, fehlerhafte Bewegungsmuster angewöhnen, wenn der Qualität der Bewegungsabläufen keine dauerhafte Aufmerksamkeit geschenkt wird, sondern diese beiläufig und unbewusst stattfinden.
Qualitatives Training versucht, Trainingsreize für die technisch-koordinativen Fähigkeiten und die konditionellen Fähigkeiten über die gesamte Dauer eines Trainings so gezielt wie möglich zu verbinden. Meine Trainingspläne stellen deshalb hohe Ansprüche an die Konzentrationsfähigkeit der Übenden und Trainierenden, denn sie fordern dazu auf, Bewegungsabläufe immer wieder gezielt oder spielerisch zu variieren und die Aufmerksamkeit auf mögliche Konsequenzen und Wahrnehmungen zu lenken. Man könnte auch sagen, sie regen den Dialog zwischen Schwimmer*in und Wasser an (s.o. »Meine Bewegungslernphilosophie«). Und dies, wenn man so will, vom ersten bis zum letzten geschwommenen Meter.
Qualitatives Training bedeutet also:
- Gezielte Abwandlung schwimmtechnischer Bewegungsabläufe,
- fortwährende bewusste Auseinandersetzung mit dem eigenen Bewegungserleben und
- Neugier und Aufmerksamkeit für die Zusammenhänge zwischen den Bewegungsvariationen und den spürbaren Auswirkungen sowie Schwimmgeschwindigkeit und Effizienz.
Training nach diesem Verständnis macht Schwimmtraining abwechslungsreich, kurzweilig und ganzheitlich anspruchsvoll.
Das macht dich langfristig kompetent und besser.
Wissenswertes
„Beim Lernen ist es wie beim Rudern gegen den Strom: wer aufhört, fällt zurück.“
nach Benjamin Britten, Komponist
Wissenswertes findest Du im Blog unter Fachbeiträge.